Vermieter haben ein Recht auf Eigenbedarfskündigung. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe mit seinem Urteil dieses Recht nochmals verstärkt. Die Räumungsklage eines Arztes aus Hannover hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Er setzte seine jahrzehntelange Mieterin vor die Tür, da er seine Zweitwohnung für die sporadischen Besuche nach Berlin zu seiner unehelichen Tochter nutzen wollte. Der Streit ging bis vor das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 2851/13). Die Richter sahen in der Kündigung keinen Rechtsbruch.
Umfassender Schutz des Mieters
Bisher waren die Mieter recht umfassend geschützt. So ist die Wohnung nicht einfach nur eine Wohnung, sondern der Mittelpunkt des Lebens. Dort wohnt man, schläft man, lebt man. Das eigene Heim soll Sicherheit und Geborgenheit vermitteln sowie Zufluchtsort sein.
Vor dreißig Jahren stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass dem Mieter ein „eigentumähnliches Recht“ zustehe, was zur Folge hatte, dass selbst neue Eigentümer an den alten Mietvertrag gebunden waren, so als hätten sie ihn selbst geschlossen.
Eigenbedarf versus Sozialbindung
Gefährlich wird es für einen zuverlässigen Mieter aber dann, wenn der Vermieter Eigenbedarf anmeldet. Eindeutig geregelt ist allerdings nur der Fall, wenn der Mieter die Wohnung für sich selbst oder einen nahen Verwandten nutzen will. In allen anderen Fällen muss man sich einigen oder vor Gericht ziehen, so wie es der Hannover Chefarzt und seine Berliner Mieterin gemacht haben.
In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg bekam die Mieterin Recht. Der Amtsrichter hielt den Grund des Arztes, er brauche die Wohnung für die gelegentlichen Besuche zu seiner Tochter, als nicht glaubhaft an aufgrund seiner beträchtlichen Arbeitsbelastung und seiner Familie in Hannover. Doch bereits das Landgericht Berlin entschied in zweiter Instanz für den Vermieter, trotzdem er nicht habe angeben können, wie oft er plane nach Berlin zu kommen.
Bundesverfassungsgericht lehnt Klage ab
Die Revision vor dem Bundesgerichtshof wurde vom Landgericht Berlin nicht zugelassen, daher legte die Mieterin Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein, doch das Gericht in der Klage keinen Fall von grundsätzlicher Bedeutung und nahmen die Verfassungsbeschwerde nicht an.
Die Karlsruher Richter verwiesen auf die früheren Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH), der bereits klar gestellt habe, dass es für eine nachvollziehbare Kündigung wegen Eigenbedarfs weder einer Begründung des Eigentümers bedarf noch einer Verlegung des „Lebensmittelpunktes“ in die Wohnung durch den Vermieter selbst oder eines nahen Angehörigen.
Was sind vernünftige und nachvollziehbare Gründe?
„Vernünftige und nachvollziehbare“ Gründe reichen nach Ansicht des BVerfG aus, damit die Eigenbedarfskündigung rechtens ist. Dies habe der BGH in vielen Fällen bisher auch so entschieden. Ein Nachweis, dass es dem Vermieter an Wohnraum mangelt, bedarf es nicht mehr, so entschied der BGH in einem anderen Fall unter anderem für den Vermieter, weil dessen Frau in der gekündigten Wohnung eine Kanzlei einrichten wollte.
Aber was genau ist unter „vernünftig“ und „nachvollziehbar“ zu verstehen? Das haben die Karlsruher Richter bisher nicht festgelegt. Doch gerade hier besteht Entscheidungsbedarf, denn jeder Mensch versteht unter vernünftig und nachvollziehbar etwas anderes.
Daher fordert der Mieterbund eindeutige Regelungen, die rechtlich klarstellen, dass der Vermieter eine Wohnung nur kündigen dürfe, wenn er sie dauerhaft zu Wohnzwecken nutzen möchte. Doch die vergangenen Rechtsprechungen deuten darauf hin, dass es in nächster Zeit keine Einigung geben wird. Damit steht es außer Frage, dass auch in Zukunft wieder Fälle vor dem BGH oder dem BVerfG in Sachen Eigenbedarf landen werden.
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Klaus Peters
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